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Thomas Stiegler • Dez. 12, 2023

Klimazoll: Grüne Zölle für Europa

Es ist ein deutliches Zeichen für den Klimaschutz und ein bis dato revolutionärer Schritt: der von der EU eingeführte neue Klimazoll, der am 1. Oktober 2023 in Kraft getreten ist. 


Beim neuen Klimazoll, oder ‚grünen Zoll‘, handelt es sich um eine Maßnahme, wie Sie die Welt bisher noch nicht gesehen hat: Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM – zu Deutsch: Mechanismus für einen CO₂-Grenzausgleich) soll sicherstellen, dass Produkte, die in die EU importiert werden, den gleichen Umweltstandards entsprechen wie Produkte, die innerhalb der EU hergestellt werden. 


Allerdings gibt es viel Kritik an den Plänen aus Brüssel. Unter anderem besteht die Befürchtung, der Klimazoll sei eine unfaire Handelspraxis, die den internationalen Handel beeinflusst.

Was ist der neue Klimazoll?


Klimazölle sind eine Maßnahme, die die EU-Kommission im Rahmen des Klimaschutzprojekts ‚Fit for 55‘ verfolgt. Das Ziel von ‚Fit for 55‘ ist es, die CO₂-Emissionen der EU-Staaten bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. 


Ein erster Schritt zu diesem Ziel war die Einführung der sogenannten Emissionzertifikate in Zusammenhang mit dem European Union Emissions Trading System (EU ETS). Unternehmen müssen für jede Tonne CO₂, die sie zur Herstellung ihrer Produkte in die Atmosphäre abgeben wollen, ein entsprechendes Zertifikat besitzen. Sämtliche Emissionen müssen abgedeckt sein – eine kostspielige Voraussetzung. 


In Zahlen ausgedrückt: Derzeit liegt der CO₂-Preis bei 30 Euro pro Tonne; im Jahr 2024 wird der Preis auf 35 Euro pro Tonne steigen.


Tatsächlich bevorzugte die EU bisher die CO₂-intensiven Branchen im internationalen Wettbewerb, indem sie ihnen Emissionsrechte teilweise kostenlos zugeteilt hat. Dies hatte jedoch einen entscheidenden Nachteil: Es gab weniger Anreize für Unternehmen, in umweltfreundliche Technologien zu investieren. Deshalb hat die EU beschlossen, die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten von 2026 bis 2034 schrittweise abzuschaffen und gleichzeitig den neuen Klimazoll als Instrument einzuführen. 


Der Klimazoll soll dazu beitragen, den fairen Wettbewerb zu fördern, indem er den ökologischen Fußabdruck von importierten Produkten berücksichtigt und CO₂-intensiven Importen eine angemessene Besteuerung auferlegt. Mit dem CBAM soll sichergestellt werden, dass für die Treibhausgasemissionen bestimmter importierter Güter der gleiche Kohlenstoffpreis gezahlt wird wie im Europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS).

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Klimazoll - Grüne Zölle

Die Umsetzung des Klimazolls in Europa


In Kraft getreten ist der Klimazoll am 1. Oktober 2023. Derzeit handelt es sich noch um eine Testphase: Bis 2026 müssen Unternehmen zunächst ihre CO₂-Emissionen lediglich erfassen und melden. Erst ab 2026 wird die EU den eigentlichen ‚grünen Einfuhrzoll‘ auf Basis dieser gemeldeten Daten erheben. 


Zu Beginn betrifft der Klimazoll die folgenden sechs Industriezweige: 


  • Zement
  • Eisen und Stahl
  • Aluminium
  • Düngemittel
  • Wasserstoff 
  • Strom


Diese Bereiche sind für über die Hälfte der CO₂-Emissionen in der EU verantwortlich. 


Die Zollmaßnahmen gelten für Rohstoffe, Vorprodukte und fertige Waren. Berücksichtigt werden weiterhin nicht nur direkte Emissionen, sondern auch indirekte Emissionen, die bei der Herstellung dieser Materialien entstehen.


Die Auswirkungen des Klimazolls auf Wirtschaft und Umwelt


Die Einführung des Klimazolls in Europa hat weltweit Aufmerksamkeit erregt – und ist seit seinem Start auf große Kritik gestoßen. 


Experten kritisieren unter anderem die folgenden Punkte: 


Komplexität und Kosten:

Viele Unternehmen wissen bisher wenig über den Klimazoll. Die Berichtspflichten und die Notwendigkeit, Emissionsdaten zu sammeln, sind für viele Unternehmen neu und kompliziert.


Potenziell hohe Kosten:

Insbesondere China, die USA und andere Länder mit hohen Exporten in die EU werden vom Klimazoll stark betroffen sein. Dies könnte zu erheblichem Mehrkosten führen und sich auf den Handel auswirken. 


Verlagerung von Produktionsstätten:

Es besteht die Sorge, dass der Klimazoll Unternehmen dazu anregen könnte, ihre Produktionsstätten ins Ausland, insbesondere in den Osten, zu verlagern, um auf diese Weise den Zöllen zu entgehen. 


Ungleichheit auf Exportmärkten:

Der Klimazoll schützt Unternehmen zwar vor ausländischer Konkurrenz, die weniger klimafreundlich produziert, auf Exportmärkten außerhalb der EU gilt dieser Schutz allerdings nicht. Dies könnte zu Ungleichgewichten führen.


Widerspruch mit dem WTO:

Einige Experten gehen davon aus, dass der Klimazoll möglicherweise gegen das Meistbegünstigungsprinzip der Welthandelsorganisation (WTO) verstößt. Damit wäre der CBAM eine unfaire Handelspraxis, die Handelsstreitigkeiten auslösen könnte.


Die EU steht somit vor der Herausforderung einen fairen und effektiven Zollsatz zu bestimmen und sicherzustellen, dass alle Länder den gleichen Umwelt- und Klimaschutzstandards unterliegen.


Die Prognose für den Klimazoll


Trotz aller Kritik durch Industrie und Politik, ist die Einführung des Klimazolls ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den Klimawandel.

Durch die Erhebung von grünen Zöllen auf Produkte aus Ländern mit geringeren Umwelt- und Klimaschutzstandards trägt die EU dazu bei, klimaschädliche Emissionen zu reduzieren und den globalen Wettbewerb fairer zu gestalten.


Ähnliche Mechanismen oder Initiativen zeigen, dass diese hochgesteckten Ziele erreichbar sind:


Europäischer Emissionshandel (EU ETS):

Obwohl nicht direkt vergleichbar, ist der EU-Emissionshandel ein Erfolgsbeispiel für mehr Klimaschutz. Er hat dazu beigetragen, den CO₂-Ausstoß in Europa zu reduzieren, indem er Unternehmen Anreize zur Verringerung ihrer Emissionen bietet. 


Kaliforniens Cap-and-Trade-Programm:

Ähnlich dem EU ETS konnte Kalifornien durch die Einführung einer Emissionsgrenze sowie handelbarer Emissionsrechte den CO₂-Ausstoß erfolgreich senken und gleichzeitig wirtschaftliches Wachstum fördern.


Norwegische CO₂-Abgabe:

Die norwegische CO₂-Abgabe wurde in den 1990er-Jahren eingeführt. Die Steuer wird auf den Verbrauch fossiler Brennstoffe erhoben, basierend auf den daraus resultierenden CO₂-Emissionen. Sie schafft Anreize, weniger umweltschädliche Brennstoffe zu verwenden und auf umweltfreundlichere Alternativen umzusteigen.


Was bedeutet der Klimazoll für Sie als Unternehmen?


Betroffene Unternehmen sind ab sofort dazu angehalten, ihre CO₂-Emissionen zu erfassen und zu melden, um den Anforderungen des Klimazolls gerecht zu werden. Eine Aufgabe, die mit vielen Daten und Neuerungen verbunden ist. Tun Sie dies nicht, führt dies unter Umständen zu hohen Strafen. 


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